Überraschende Punkteteilung nach kurioser Schlussszene

TSV Abtswind – TSV Heimbuchenthal 2:2 (1:0)

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Brutal, brutaler, Hemschebrudahl. So lautet die Steigerungsform für das, was dem TSV Abtswind am Samstagnachmittag widerfahren ist. In wirklich letzter Sekunde, nach vier minütiger Nachspielzeit, traf der TSV Heimbuchenthal, unter Einheimischen als „Hemschebrudahl“ bekannt, zum mehr als glücklichen 2:2-Ausgleich, der sich für den Spitzenreiter wie eine Niederlage anfühlte.

Es dauerte nach dem Schlusspfiff nicht lange, bis der Kasten auf dem Spielfeld angekommen war und die Runde machte. Spieler, Trainer und Betreuer des TSV Heimbuchenthal gönnten sich noch an Ort und Stelle ihr Feierabendbier – was bei anderen, vor allem in der Landesliga, ein Ding der Unmöglichkeit wäre. „Das gehört bei uns dazu“, erklärte Spielertrainer Fabian Thiel. „Man muss immer unseren Weg sehen.“ Und der ist wahrlich imponierend. Innerhalb von vier Jahren ging es für die Mannschaft aus dem Spessart drei Ligen nach oben. Der Großteil des heutigen Kaders war schon dabei, als Heimbuchenthal noch in der Kreisklasse spielte. Dort heißt es schon eher mal: Das Bier gewinnt. Ihren Erfolg, der aus einem glücklichen Unentschieden bestand, bejubelten die Gäste in Abtswind wie eine Meisterschaft. Davon gab es in der jüngeren Vergangenheit einige zu feiern. Mit dem Punkt beim Tabellenführer schöpfte der Liga-Neuling das Maximum aus. Dass das Team seit nunmehr neun Partien auf einen Sieg hofft, spielte diesmal freilich keine Rolle. Das 2:2 war ein Triumph, ohne dass es dafür drei Punkte gab. „Für uns war es toll, gegen eine Mannschaft wie Abtswind zu spielen“, sagte Thiel. „Das war eine enorme Erfahrung, eine Riesennummer.“

So groß die Euphorie auf der einen Seite war, so enorm fiel die Enttäuschung auf der andern Seite aus. „Ich werde keinen schönen Abend haben“, meinte Abtswinds Abwehrmann Adrian Graf. Im fünften Heimspiel setzte es den ersten Punktverlust auf eigenem Geläuf. Es war ein Ausrutscher, mit dem keiner gerechnet hatte. Die Elf von Trainer Petr Skarabela steht weiterhin vorne, doch der Vorsprung ist kleiner geworden. „Das Unentschieden ist kein Drama“, sagte Graf, „aber wir sollten gewarnt sein.“ Was den Spielverlauf so bitter machte, war die Tatsache, dass Abtswind das Spiel schon zur Pause hätte entscheiden können. Gut und gerne viermal hätte es im Gehäuse der Heimbuchenthaler bis dahin einschlagen können. Doch es stand nur 1:0. Egal ob Steffen Barthel, Nicolas Wirsching, Peter Mrugalla oder Adrian Dußler – sie alle hatten gute Möglichkeiten gegen extrem defensiv fokussierte Gäste, die sich meist mit zehn Mann bis an den Strafraum zurückzogen. Nur einen Angriff konnten sie im ersten Durchgang nicht stoppen, als Steffen Barthel in der 36. Minute im Fünfmeterraum stand, um zur 1:0-Führung zu treffen. Das Abtswinder Offensivspiel ließ sich gut ansehen. Defensive brauchte es gegen die harmlosen Gäste eher selten.

So weit die Füße tragen: Abtswinds Frank Hartlehnert.

Daniel Hämmerlein bei seinem ersten längeren Einsatz nach fünf Monaten Verletzungspause fand erstaunlich schnell ins Spiel und rang sich zu mehreren Vorstößen über die linke Seite durch. Der 31-Jährige wurde nach zehn Minuten ins Spiel geworfen, weil Michael Herrmann früh einen stechenden Schmerz im Oberschenkel spürte und sich auswechseln ließ. Schon vor dem Anstoß hatte Trainer Skarabela Änderungen vornehmen müssen, weil Philipp Hummel und Przemyslaw Szuszkiewicz fehlten. Nach zwei Wochen Urlaub stand Pascal Kamolz noch nicht wieder im Aufgebot. Mit der Halbzeitpause ging den Hausherren der Schwung verloren. 20, 25 Minuten kam von Abtswind zu wenig. „Das hat den Gegner aufgebaut“, stellte Petr Skarabela fest. Als die Heimbuchenthaler, die bis dahin ohne jede Tormöglichkeit geblieben waren, einmal in den Strafraum kamen, gab es Elfmeter, wenn auch auf strittige Weise. Adrian Graf versuchte im Laufduell mit Christopher Röth jeden unerlaubten Körperkontakt zu vermeiden, doch der Heimbuchenthaler kam irgendwie doch ins Fallen. Steffen Bachmann verwandelte zum 1:1 in der 66. Minute. Die Gäste wurden kurz mal keck, als Christopher Röth und im Nachschuss Tim Ritter die nächste Chance bekamen (69.).

Das konnte Abtswind sich nicht bieten lassen und wollte die Verhältnisse geraderücken. Danach sah es aus, als Nicolas Wirsching bei einem Eckball so günstig stand, dass er das Leder über die Linie bugsieren konnte (72.). Und es schien, als beflügelte die 2:1-Führung die Mannschaft. Peter Mrugalla schlenzte an die Latte (74.). Das hätte die Entscheidung sein können. Noch klarer war die Möglichkeit für Jürgen Endres, der in der 84. Minute alleine aufs Tor zulief. Selbst schießen war eine Option. Er wählte die andere und schob quer zu Peter Mrugalla und Daniel Endres, von denen einer im Abseits stand. „Das war die Schlüsselsituation des Spiels“, fand Skarabela, dessen Team es unnötig spannend machte. Nicolas Wirsching sah innerhalb einer Minute Gelb und Gelb-Rot. Und dann kam er, der letzte Augenblick der vierminütigen Nachspielzeit: Abtswind hatte nach einem Eckstoß bereits zweimal geklärt, aber nicht gut genug. Der dritte Versuch Heimbuchenthals fiel Christopher Röth zu, dessen Gewaltschuss von der Latte ins Feld sprang und Kevin Bohn zum 2:2-Endstand auf den Kopf fiel. So gab es Abtswinder Katerstimmung selbst ohne Bier.

Michael Kämmerer

Abtswinds Schlussmann Julian Schneider hat die Hoheit über seinen Strafraum.

Das Spiel in der Statistik

TSV Abtswind: Julian Schneider – Lukas Wirth, Mathias Brunsch, Adrian Graf, Michael Herrmann (11. Daniel Hämmerlein) – Adrian Dußler, Nicolas Wirsching, Jürgen Endres, Frank Hartlehnert (61. Daniel Endres) – Steffen Barthel (90. Jona Riedel), Peter Mrugalla.
TSV Heimbuchenthal: Dominik Stürmer – Sebastian Roscher, Fabian Thiel, André Spatz, Philipp Aulbach – Tim Ritter, Christopher Grund (79. Peter Heilig), Kevin Schmitt (61. Moritz Kunkel), Steffen Bachmann, Christopher Röth – Fabian Krug (61. Kevin Bohn).
Schiedsrichter: Manuel Doneff (Kunreuth); Assistenten: Matthias Dresel (Wolfsberg), Dieter Wolf (Eggolsheim).
Zuschauer: 201.
Gelbe Karten: Jürgen Endres, Lukas Wirth (Abtswind).
Gelb-Rote Karte: Nicolas Wirsching (Abtswind, 90.+2, Foulspiel).
Tore: 1:0 Steffen Barthel (36.), 1:1 Steffen Bachmann (66., Foulelfmeter), 2:1 Nicolas Wirsching (72.), 2:2 Kevin Bohn (90.+4).

Stimmen zum Spiel

Petr Skarabela (Trainer TSV Abtswind): „Die Enttäuschung sitzt tief. Dafür, dass wir so viel Druck in der ersten Halbzeit ausgeübt haben, war das 1:0 zu wenig. Da sind wir selbst schuld. Nach der Pause haben wir zwanzig Minuten sehr passiv gespielt. Es ging wenig nach vorne. Das hat den mit zehn Mann tiefstehenden Gegner aufgebaut. Heimbuchenthal ist an sein Limit gegangen. Die Schlüsselsituation war, als wir zu dritt alleine aufs Tor laufen und der Treffer wegen Abseits nicht zählt. Was sich in der letzten Minute abgespielt hat, sieht man selten. Es ist mir zum ersten Mal als Abtswinder Trainer passiert, dass wir in der Nachspielzeit ein Tor bekommen, und ich hoffe, dass es das letzte Mal war. Wir stehen mit einem Punkt da und wissen nicht warum. Es ist unvorstellbar, dass wir nicht als Sieger vom Platz gehen. Die Konkurrenz freut sich, dass wir zwei Punkte hergeschenkt haben. Die zweite Halbzeit darf sich nicht wiederholen.“

Fabian Thiel (Spielertrainer TSV Heimbuchenthal): „Wenn wir mit 0:4 in die Halbzeit gehen, brauchen wir uns nicht zu beschweren. Abtswind ist das Stärkste, was wir in dieser Liga gesehen haben. Wir wurden noch nie so unter Druck gesetzt wie in den ersten 45 Minuten. Wir sind als Außenseiter ins Spiel gegangen und wollten uns teuer verkaufen. Aufgrund der zweiten Halbzeit bin ich stolz auf meine Truppe. Es waren acht Spieler im Aufgebot, die vor fünf Jahren noch in der Kreisklasse waren. Ich bin davon überzeugt, dass wir konkurrenzfähig sind, auch wenn die Punkte in den letzten Wochen ausgeblieben sind. Wir haben uns heute nicht hängenlassen. Das 2:2 ist für uns ein gefühlter Sieg, der mit einem nicht einkalkulierten Bonuspunkt belohnt wurde. In den letzten Spielen sah es immer anders aus. Heute lief es mal für uns, was für die Moral richtig geil ist. Das Unentschieden gibt uns Mut, Hoffnung und Aufschwung für die nächsten Spiele.“

Adrian Graf (Verteidiger TSV Abtswind): „Ich bin sehr enttäuscht über das Ergebnis und werde keinen schönen Abend haben, um das Spiel zu verarbeiten. Der Elfmeter zum 1:1 war unberechtigt: Das eigentliche Foul von Daniel Hämmerlein lag außerhalb des Strafraums. Ich habe extra meine Arme gehoben und bin mit dem Körper vom Gegenspieler weggeblieben. Der lässt sich einfach fallen, und der Schiedsrichter pfeift. Wir hätten den Sack früher zumachen müssen. In der zweiten Halbzeit hat der Gegner versucht, vorne anzulaufen und ein bisschen Hektik ins Spiel zu bringen. Damit sind wir nicht klargekommen und haben die Situationen nicht mehr spielerisch gelöst. Auf der anderen Seite haben wir die Konter nicht vollendet. Vielleicht ist es ein Dämpfer zur richtigen Zeit, damit wieder alle fokussiert sind. Wären wir an die Wand gespielt worden und hätten wir keine Chance gehabt, müssten wir Angst haben. Aber so war es nicht. Im Prinzip liegt es immer nur an uns, ob wir gewinnen.“

Ins Straucheln geraten: Nicolas Wirsching sah in den Schlussminuten Gelb-Rot und fehlte Abtswind in der Nachspielzeit, als der Ausgleich fiel.

Bilder vom Spiel gegen Heimbuchenthal gibt es in einer Fotoserie.

Die Tore und Höhepunkte des Spiels als Video.

Abtswinds Torhüter Julian Schneider im Video-Interview.

Wahl zur Elf der Woche beim Fußballportal Fupa: Für Abtswind abstimmen.