Zwei völlig unterschiedliche Halbzeiten

DJK Ammerthal – TSV Abtswind 2:0 (1:0)

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„Was nach der Pause passiert ist, war schon krass“, gibt der nette Lautsprecher zu. „Da hat Abtswind wirklich guten Fußball gezeigt.“ Ammerthals Trainer Dominik Haußner sieht das Spiel in den zweiten 45 Minuten auf der Kippe. Die Gäste verdienen sich unter ihrem Aufstiegstrainer ein dickes Lob. Aber davon kann man sich bekanntlich nichts kaufen.

Die Altneihauser Feuerwehrkapelln hätte es nicht besser choreografieren können. Auf dem malerisch gelegenen Sportplatz neben dem Marterla beginnt Ammerthal druckvoll. „Hou, hou, hou, die Oberpfalz is dou!“ Während die Unterfranken von einer humoresken, äh defensiven Verlegenheit in die nächst schliddern, zeigt die Elf von Dominik Haußer schnörkellos direkten Fußball. Abtswinds Aufstiegstrainer Thorsten Götzelmann vertritt Mario Schindler an der Seitenlinie, der privat passen muss. Und was dem Gästetrainer da ins Auge springt, kann ihm kaum gefallen haben. Immer wieder dieser technisch beschlagene Michael Jonczy, der bei zwei Hundertprozentigen an Gästekeeper Florian Warschecha scheitert. „Der Kerl ist eine Waffe“, berichtet Mathias Brunsch über seinen Wiederpart. Die DJK lässt teils Hochprozenter ungetrunken liegen.

„Zunächst gilt es dem Herrn zu danken:
Die Oberpfalz liegt nicht in Franken!
Es ist dort schöner, wo wir leben
und sich nach Franken zu begeben,
fällt uns Oberpfälzern äußerst schwer,
nüchtern kommt man nicht hierher.“

(Altneihauser Feierwehrkapell’n bei der Fastnacht in Franken, 2016)

Marco Weber setzt ein Freistoßgeschoss knapp am langen Pfosten vorbei. Auf dem falschen Fuß erwischt, bleibt Florian Warschecha nur die fromme Beobachterrolle. Überraschend eine dicke Chance für Abtswind. Jürgen Endres köpft ein erstes offensives Teilnahmeabzeichen neben das Gehäuse. Blutdrucksteigernd wirkt auch auf der anderen Seite die Direktabnahme von Ammerthals Mann für die bemerkenswerten Abschlüsse. Warschecha pariert die satte Direktabnahme gerade noch zur Ecke. Abtswinds Schlussmann ist es zu verdanken, wenn die Gäste noch im Spiel sind. Doch während sich das Spielgeschehen allmählich der gegenüberliegenden Seite zuwendet, schlägt die DJK eiskalt, aber dafür umso sehenswerter zu. Die Igeltaktik der Gäste ist geknackt.

„Die Halle ringsum war verriegelt,
die Franken hab’n sich eingeigelt
und ließen Söders Asylantenzaun
zum Test um diese Halle bau’n,
um die Kapelle davon abzubringen,
in diese Sendung einzudringen,
doch Söders Asylantenmauer
ging aus dem Leim wie Haderthauer.“

(Altneihauser Feierwehrkapell’n bei der Fastnacht in Franken, 2016)

Trotz Abtswinder Defensivtaktik kombiniert Ammerthal herzerfrischend zur Führung. Ralf Egeter initiiert einen flüssigen Tempogegenstoß über die linke Außenbahn und legt dann ab in den Rücken der Viererkette. Marco Weber lässt sauber abtropfen und Jonas Weigert vollendet platziert aus gefühlt 18 Metern Tordistanz. Ein unhaltbares Ding. Und im Hintergrund grinst sich Kapellmeister Norbert Neugirg diebisch einen weg. „Das 1:0 kam zu einem wirklich guten Zeitpunkt“, gibt Dominik Haußer unumwunden zu. „Wir haben die Partie dann gut in die Halbzeit geschaukelt.“ Nicht ganz, Herr Haußer. Man vergisst die dicke Gelegenheit von Mathias Brunsch. Abtswinds aufgerückter Innenverteidiger lässt mit seinem kantigen Schädel den Ausgleich liegen. Aus kurzer Distanz setzt er einen scharf ins Gewühl gezimmerten Dußler Eckball neben den Kasten.

Wie ausgewechselt verlassen die Gäste den Kabinentrakt. Mit Wiederanpfiff gerät die Heimelf in die defensive Rolle. Und irgendwie gefühlt immer mehr ins Schwitzen. Adrian Dußler prüft Ammerthals Keeper Christopher Sommerer aus der Distanz. Beinahe im direkten Gegenzug rächt sich das höhere Gästerisiko. Doch Michael Jonczy setzt seinen Torabschluss aus spitzem Winkel voll ans Aluminium. Vom gequälten Innenpfosten aus springt die Pille vogelwild ins Feld zurück. Der Mann weiß genau, was er mit dem Ball anstellen soll. Nur manchmal gerät ein Schuss zu genau. Wieder zurück auf die andere Seite. „Was nach der Pause passiert ist, war schon krass. 25 Minuten lang hat Abtswind wirklich guten Fußball gezeigt. In der Phase kamen wir kaum noch zu Offensivaktionen“, wundert sich Dominik Haußer, dessen Stimme im zweiten Durchgang arg gelitten haben muss. Immer wieder versucht der DJKler, seine Jungs aus Abtswinds Umklammerung zu treiben. Thorsten Götzelmann pflichtet ihm bei: „Ich glaube schon, dass wir Ammerthal nach deren guten ersten Halbzeit durch unseren Auftritt nach dem Seitenwechsel in enorme Schwierigkeiten brachten und hier auch die bessere Mannschaft auf dem Platz waren.“ Mit Cristian Fischer und Shawn Hilgert kommt noch einmal ein Tick mehr Spritzigkeit, quasi der extra Blubb Spielwitz.

„Franken liegt sehr abgeschieden
und wird durchaus mit Recht gemieden.
Der Franke braucht zu allem Zeit,
er fürchtet die Geschwindigkeit.“

(Altneihauser Feierwehrkapell’n bei der Fastnacht in Franken, 2016)

Je länger die Partie dauert, umso enger scheint die Kiste. Abtswind lässt Minuten liegen, die lediglich den Druck im Ammerthaler Kessel anschwellen lassen. Zählbares ist in Reichweite. Doch der Traum vom Auswärtspunkt zerplatzt jäh. Zehn Minuten vor dem Ende erkämpft sich Patrick Stauber auf der linken Seite den Ball, passt zu Jonas Weigert und der Mittelfeldspieler trifft zum entscheidenden 2:0. Die Messe ist gelesen. Abtswind gibt sich nicht auf, probiert noch einmal alles. Das schafft Raum für weitere Konter. Andre Karzmarczyk hat das 3:0 auf dem Schlappen, doch Florian Warschecha ist per Fußabwehr zur Stelle.

„Der Bocksbeutel für Frankenwein
bekommt ein neues Glasdesign,
verbessert und spektral erweitert,
am Inhalt war man ja gescheitert.
Sprich, wenn inhaltlich nichts besser wird,
dann wird’s halt ’mal am Glas probiert.“

(Altneihauser Feierwehrkapell’n bei der Fastnacht in Franken, 2016)

Die Altneihauser können lästern, wie sie mögen. Mit einem starken Auftritt verschafft sich Abtswind das Prädikat „starker Gegner“. „ Leider können wir uns für diesen couragierten Auftritt nichts kaufen und fahren mit leeren Händen nach Hause“, meint Thorsten Götzelmann angefressen. Die Heimfahrt im Fanbus geriert trotzdem stimmungsvoll. Abtswind ist der Liganeuling. Und der Lehrling lernt schnell. An der Konstanz fehlt es, eine starke Leistung auch mal über die volle Distanz abzuliefern. Aber wie meint ein Baiersdorfer Fan an der Spielfeldband: „Die Saison ist noch lang. Da passiert noch einiges!“

Matthias Ley

Das Spiel im Überblick:

DJK Ammerthal: Christopher Sommerer, Maximilian Höhenberger, Michael Jonczy, Jan Mazanec, Jonas Weigert, Benjamin Burger, Sebastian Zecho, Daniel Gömmel, Ralf Egeter, Marco Weber, Mario Zitzmann. Einwechselspieler: Josef Bäuml, Vinzenz Stemp, Johannes Kohl, Nico Wittmann, Christian Knorr, Tobias Hüttner, Tobias Särchinger, Andre Karzmarczyk, Patrick Stauber, Florian Fruth.
TSV Abtswind: Florian Warschecha, Mathias Brunsch, Nicolas Wirsching, Jonas Wirth, Jürgen Endres, max Wolf, Roman Hartleb, Max Hillenbrand, Christopher Lehmann, Adrian Dußler, Michael Herrmann. Einwechselspieler: Felix Wilms, Cristian Fischer, Daniel Hämmerlein, Pascal Jeni, Shawn Hilgert, Philipp Hummel.
Schiedsrichter: Stefan Dorfner
Assistenten: Simon Schreiner und Ilirjan Morina
Gelbe Karten: Marco Weber – Mathias Brunsch, Roman Hartleb, Max Hillenbrand, Michael Herrmann, Shawn Hilgert
Zuschauer: 320
Tore: 1:0 Jonas Weigert (28.), 2:0 Jonas Weigert (84.).

Die Stimmen zum Spiel:

Thorsten Götzelmann (Trainervertreter TSV Abtswind): „Ich glaube schon, dass wir Ammerthal nach deren guten ersten Halbzeit durch unseren Auftritt nach dem Seitenwechsel in enorme Schwierigkeiten brachten und hier auch die bessere Mannschaft auf dem Platz waren, hier haben wir den Gegner in die Schranken gewiesen. Leider können wir uns für diesen couragierten Auftritt nichts kaufen und fahren mit leeren Händen nach Hause.“

Dominik Haußner (Trainer DJK Ammerthal): „Wir sind gut gestarten, konnten früh anlaufen und den Gegner dabei unter Druck setzen. Gerade in der ersten Viertelstund waren wir auch die spielerisch stärkere Mannschaft. Danach kam Abtswind wirklich stark auf. In dem Moment gehen wir in Führung. Allerdings hatten wir vorher schon zwei ganz dicke Chancen. Das 1:0 kam zu einem wirklich guten Zeitpunkt. Wir haben die Partie dann gut in die Halbzeit geschaukelt. Was nach der Pause passiert ist, war schon krass. 25 Minuten lang hat Abtswind wirklich guten Fußball gezeigt. In der Phase kamen wir kaum noch zu Offensivaktionen. Bis wir uns ein einziges Mal befreien konnten und den entscheidenden zweiten Treffer drauf satteln konnten. Im Nachhinein vielleicht ein glücklicher Sieg gegen einen starken Kontrahenten. Den Unterschied machte heute unsere Defensive, die einen Tick besser war als die Verteidigung der Gäste. Und wir machen halt die Tore zum besten Zeitpunkt.“

Mathias Brunsch (Innenverteidiger TSV Abtswind): „Es war schwierig gegen diese drei Ammerthaler Stürmer, die immer genau wussten, was sie mit dem Ball anfangen konnten. In der ersten Halbzeit haben wir keinen Druck ausgeübt. Die Situation bei uns Innenverteidigern ist aktuell etwas blöd. Jede Woche ein anderes Pärchen. Man bekommt keine zeit, sich wirklich einzuspielen. Aber da müssen wir durch. In der Kabine hat Thorsten Götzelmann taktisch umgestellt. Nur noch ein Sechser und davor ein Vierer Mittelfeld. Das hat viel besser funktioniert. Thorsten hat uns nach vorn gepeitscht. Wir wollten früher auf die Dreierkette drauf gehen. Wenn wir nach zehn Minuten, wo man gesehen hat, dass die Igeltaktik nicht funktioniert, wenn wir da auf die offensivere Taktik umstellen, vielleicht hätten wir heute einen Punkt mitgenommen.“

Die Partie in voller Länge bei sporttotal.tv.

Das Stenogramm zum Spiel im Liveticker.

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