Im Gespräch mit einem Freizeichen

Unser heutiger Gaststar im Porträt

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Vielleicht gehört Understatement zur Bayernliga wie knochenharte Zweikampfführung und dem Faktum, dass jedes Team 10 Granaten in die Anfangsformation stellt. Wenn allerdings die Übermannschaft Aubstadt unseren heutigen Gast als „Mitfavorit“ tituliert, ist das keine absonderliche Floskel, sondern sportliche Realität in der Saison 2018/19.

Heute stellen wir einen Fußballclub vor, der ursächlich erst im Jahr 2005 das rechtliche Licht der Welt erblickte. Die Spielvereinigung Bayern Hof e.V., kurz SpVgg. Bayern Hof, entstand damals am 01. Juli aus dem Zusammenschluss des FC Bayern Hof und der SpVgg Hof. Aber die Historie reicht weit, viel weiter zurück. Während der FC 1910 unter dem Namen Ballspielclub (nicht zu verwechseln mit der Leipziger Rasenball Variante) gegründet wurde, reicht die Gründungsfama der Spielvereinigung noch weiter in ein schwarz-weiß-rote Vergangenheit. Bei der Taufe unter Kaiser Wilhelms Zeiten galt der Ableger der Turngemeinde Hof als erste vereinsmäßig organisierte Fussballmannschaft Frankens. Hof lediglich als Urgestein der Bayernliga zu bezeichnen, wird dem sportlichen Werdegang nicht ganz gerecht. In den letzten Jahren wechselten die „Bayern“ ständig zwischen Regional- und Bayernliga. Die Mannschaft von Trainer Alexander Spindler rangiert mit 10 Punkten bereits wieder im oberen Tabellendrittel, was dem Saisonziel „Blickrichtung einstelliger Tabellenplatz“ entspricht.

Selbst in Aubstadt agierte das „Bayern-Team“ überzeugend. Das klare, später als Aubstädter Kantersieg titulierte Endergebnis, lässt einiges an Interpretationsspielraum. Alexander Spindler später im anpfiff.info Interview: „Das Ergebnis spiegelt keinesfalls den Verlauf der Partie wieder. Wir schießen vor dem 1:0 einen individuellen Bock, das war der Knackpunkt. Dann fällt das 2:0 wieder durch einen Fehler von uns. Und dann kann man bei der Hitze einfach nicht weiter Vollgas spielen. Na herzlichen Glückwunsch, dann fallen die Spieler ja um.“ Im darauf folgenden Heimspiel gegen die DJK Ammerthal setzte es eine 2:4-Pleite. Gäste-Coach Dominik Haußner jubelte über einen unerwarteten, „aber unterm Strich nicht unverdienten Dreier“. Nach einem gegnerischen Sonntagsschuss und zwei eigenen, individuellen Schnitzern lag Hof scheinbar uneinholbar zurück. Mit viel Moral und gehörig Dampf im spielerischen Kessel verkürzte die Spindler-Elf binnen 120 Sekunden auf 2:3. Ein Remis lag fast plastisch in der Luft. Kurz vor Schluss nutzten die Oberpfälzer jedoch einen Konter zum entscheidenden 4:2- Auswärtssieg.


(Quelle: SpVgg Bayern Hof-Fanseite)

Die Spielvereinigung tritt im Stadion Grüne Au an. Dieses reine Fussballstadion, welches seinen Namen auch so verdient, liegt am Ostrand Hofs im Viertel Fabrikvorstadt. Keine Laufbahn stört den Fußballgenuss. Erdwälle mit Stehrängen schießen das Spielfeld ein. Eine so genannte „Neue Tribüne“ mit 800 überdachten Sitzplätzen, vis-à-vis eine ebenfalls überdachte Holztribüne mit 1.335 Plätzen auf Sitzbänken sorgen für eine stimmungsvolle Gesamtörtlichkeit. Der offizielle Zuschauerrekord mit 19.100 Besuchern datiert vom 22. Mai 1968 beim Bundesliga-Aufstiegsrundenspiel gegen Rot-Weiss Essen.

Der aktuelle, breit bestückte Kader besticht durch äußerste Homogenität. Eine Schwachstelle findet man schwerlich bei den durchwegs höherklassig ausgebildeten, meist aus der eigenen Jugend stammenden Recken, die dem Coach zur Verfügung stehen. Eigentlich ein planerisches Wunder, das Sportleiter / Teammanager Michael Voigt gerade in den letzten 24 Monaten abgeliefert hat. Seit der verkorksten Regionalligasaison 2016/17 rotierte die personelle Schwingtür im Dreieck: 38 Ab- neben 38 Zugängen. Seit Januar 2018 kaum nennenswerte Aktivitäten auf diesem Gebiet, bei 6 Ab- und 11 Neuzugängen, die meisten davon aus der eigenen Kaderschmiede. Irgendwelche spektakulären gesichter, Ex-Profis oder dergleichen, sucht man vergebens. Und das ist auch gut so. Junge Spieler sind hungriger, lassen sich leiten und feiern auch herrlich menschlich eskalierend.

Die Redaktion hätte im Vorfeld gerne mit Alexander Spindler geplaudert, dem auf Bildern sympathisch wirkenden 30-jährigen Trainer unseres heutigen Gaststars. Ein netter Plausch abseits des aufreibenden Ligaalltag, über dies oder das und irgendwie oder auch sowieso stets mit einem Augenzwinkern. Oder alternativ mit sonst einem sportlich Verantwortlichen der Spielvereinigung, wie beispielsweise Co-Trainer Fulvio Bifano oder Michael Voigt, dem sportlichen Leiter. Allerdings ist das Akkreditierungsverfahren doch relativ hochkarätig, um nicht zu behaupten, es sei alles andere als barrierefrei. Zunächst wendet man sich an den Medienservice. „Bitte richten Sie Ihre Anfragen (z.B. Interviewanfragen, Presseeinladungen, etc.) per E-Mail an die Pressestelle.“ Schnell eine freundliche Mail ins Web gehämmert. Die prompte Rückantwort verweist auf die Geschäftsstelle, deren Festnetzanschluss mutmaßlich nur vormittags zwischen Dunnemals und Weißnichtwas besetzt ist. Gerne hätten wir dort mit Frau Erika Bruchner gesprochen. So stellvertretend für die sportliche Seite, die sich wahrscheinlich für so etwas herzliebst Unwichtiges wie einen Bayernliga Newbie kaum erwärmen kann. Irgendwann streicht man als ehrenamtlich tätiger Schreiberling entnervt die Segel und schippert zum nächsten Biergarten.

Wenn man alle Faktoren berücksichtigt, liegt es an der amateurhaften Dämlichkeit dieses Abtswinder Redakteurs. Im Satz „Wer spät anfragt, bekommt früher Antwort“ liegt ein entscheidender organisatorischer Selbstbetrug. Zudem hat dieser Exemplar, nennen wir ihn mal Spaßeshalber Autor, einen interessanten Hinweis übersehen: „Wichtig: Bitte fügen Sie Ihrem Schreiben eine Kopie Ihres gültigen Presseausweises (VDS, DJU, DJV, AIPS) bei.“ Schöner Reinfall, senkrecht ins Fettnäpfchen eingetaucht per niveaulosem Flachköpper. Muss man sich erst registrieren beim „Verein Deutscher Schmierfinken“ (VDS?), oder bei der Selbsthilfegruppe „Amateur in panischer Schreiblaune“ (AIPS). Zweifellos stehen die im Hinweis genannten Abkürzungen für wichtige Gruppierungen, Presseorgane, also für das informative Nervensystem unserer Zivilgesellschaft. Aber irgendwann geht der Dorfpresse die zeit ab, den Herrn Google um Rat zu fragen. Dann herrscht auf den folgenden Zeilen leider Schweigen. Dabei steht auf dem Schmierblock die ein oder andere hinterfotzig bis grenzdebile Frage.

Servus miteinand, was weiß man in der Großstadt vom kleinen Kräuter- und Weindorf Abtswind?

Ist die Bayernliga eher eine Herausforderung oder doch lediglich aufgezwungene Durchgangsstation in die Regionalliga, die eigentliche sportliche Hofer Heimat?

Wann verpflichten Sie endlich Kevin Großkreutz?

Kann man die jeweilige Entfernung zweier Kontrahenten in der Bayernliga an der Qualität der kredenzten Weinschorle erschmecken?

Verlängert sich der Urlaub automatisch, wenn man ein „Isch libbe Disch, El Presidente“ T-Shirt spazieren führt – mit geschminkter Erdogan Karrikatur – in der Istanbuler Börsenmeile?

Matthias Ley

Nachtrag: Alexander Spindler meldet sich freundlich per Mail und bietet ein Interview für Mittwoch an. Mit dem kompletten Satz an Kommunikationsmöglichkeiten. Leider lief die Deadline fürs Heft nur bis Dienstag Abend. So geht eine wunderbare Gelegenheit, mit einem echten Fachmann zu sprechen, gepflegt den Bach runter. Ich muss mal über einen Terminplaner nachdenken. Vielleicht fürs Handy. Könnte sich durchsetzen.


(Quelle: SpVgg Bayern Hof-Fanseite)