„Wir haben sie höflich eingeladen, uns die Bude einzurennen.“

TSV Abtswind II – SG Poppenhausen/Kronungen 7:2 (2:0)

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„Tolle Lernleistung“ ist kein ganz üblicher Spruch auf dem Sportplatz. Riecht eher nach gedanklichem Transfer bei Stochastik-Stress oder im Physiksaal. Abtswinds Trainerduo honoriert den spielerischen Return auf Poppenhausens Halali. Mitten hinein in eine Phase, als die Partie kippen konnte, zu Ungunsten der favorisierten Abtswinder.

In der Kabine richtet Poppenhausens Coach seine arg durchgeschüttelte Equipe auf. Denn der Halbzeitstand von 2:0 für Abtswind nach Toren von Julian Beßler und Peter Mrugalla schmeichelt den Gästen. Allein Abtswinds Flügelflitzer Markus Golombek hätte zwei weitere Buden machen können, vielleicht müssen. „Leut, mehr machen, die Bälle besser zu Ende spielen!“, trichtert Elio Trasente seinen Jungs ein. „Kommt mit breiter Brust raus und macht mal vorne die Kiste!“ Und prompt markiert Poppenhausens offensiv Auffälligster, der blonde Außenstürmer Jan Wolf, den Anschlusstreffer. Schnelle Kombination über den rechten Flügel, Abschluss aus spitzem Winkel zum Tor, trotzdem keine Abwehrchance für Abtswinds Keeper Eduard-Alin Wellmann.

Kurz darauf verpassen Tobias Fenn und Robin Zemelka am langen Pfosten den Ausgleich. Die Partie droht zu kippen. „Dann setzt dieser Mechanismus ein, man hinterfragt sich, man macht vieles auch nicht mehr so automatisch, wie bisher“, berichtet Patrick Gnebner. „Zusätzlich kriegen wir eine absolut berechtigte gelb-rote Karte.“ Eric Köhler putzt einmal zu vehement im Zentrum aus und sieht nach etwas mehr als einer Stunde die Ampelkarte. Abtswinds Landesligareserve antwortet prompt, effektiv, im Stile einer Spitzenmannschaft. „In Unterzahl haben wir sehr gut gegen den Ball gespielt, haben gut verschoben, dann im richtigen Moment die Balleroberung im engen Zentrum“, schildert Abtswinds Trainer Patrick Gnebner die Szene vor dem entscheidenden 3:1. Markus Golombek geht Patrick Pfaff frontal an. Nach Balleroberung geht es elegant weiter über Peter Mrugalla. Dessen Sololauf endet kurz vor Poppenhausens Schlussmann Tim Markert. Den sauber gespielten Querpass schiebt Julian Beßler locker ins leere Tor.

Was dann passiert, gefällt Poppenhausens Trainer wie ein morscher Backenzahn: „Vor allem nach dem Abtswinder Platzverweis, da leisten wir uns eine Fehlerflut, das ist ja Wahnsinn. Wir haben Abtswind ja höflich eingeladen, uns die Bude einzurennen.“ Elio Trasente legt verbal nach. „Beim 3:1 spielen wir auf Abseits, während Peter Mrugalla durch die Abwehrreihe spazieren kann. Gerade in der Phase, in der du eigentlich dran bist am Ausgleich, darf sowas auf keinen Fall passieren. Vor dem 4:1 sind wir in der Vorwärtsbewegung. Unser Verteidiger leistet sich einen unnötigen Stoppfehler, was so auch niemals passieren darf.“

Bis auf wenige Ausnahmen, geht bei den Gästen der Olles auf Tauchfahrt. Das mühsam erarbeitete Selbstbewusstsein reißt in unzählige, weit verstreute Quarks. Und Abtswind fährt einen brandgefährlichen Konter nach dem anderen. „Irgendwann kamen einem das Toreschießen zu leicht vor, trotz Unterzahl“, schildert Peter Mrugalla, der innerhalb von 6 Minuten einen lupenreinen Hattrick aufs Parkett legt. „Wenn ich an die Chancen von Markus Schamberger denke, der drei Mal allein vor dem Torwart auftaucht, dann abstoppt, das Denken anfängt. Da muss man kalt abschließen. Am Schluss konnten wir vorne machen, was wir wollten. Es hat alles geklappt.“

Den Schlusspunkt setzt Daniel Greubel in der 88. Minute punktgenau in den Winkel. Beim direkt verwandelten Freistoß über die Mauer kann sich Eduard-Alin Wellmann im Abtswinder Tor strecken wie er mag. Der sitzt perfekt. Und am Schluss sind sich alle beteiligten einig. Abtswind gewinnt, auch in dieser Höhe verdient. „Wir wollen nichts schön reden“, analysiert Elio Trasente. „Nach dem Weggang wichtiger, erfahrener Spieler geht es für uns in der Saison nur um den Klassenerhalt. Und das wird brutal scher!“

Am kommenden Samstag bereits steigt das lang erwartete Derby. Anpfiff im Steigerwald Stadion ist um 16:00 Uhr, wenn Abtswinds Landesligareserve beim ehemaligen Landesligisten FC Gerolzhofen antritt.

Matthias Ley

Das Spiel im Überblick:

TSV Abtswind II: Eduard-Alin Wellmann – Christoph Kniewasser, Daniel Kaminski, Patrick Gnebner, Markus Golombek, Julian Beßler, Christoph Hofmann, Lukas Wirth, Patrick Hock, Eric Köhler, Peter Mrugalla. Einwechselspieler: Michael Rügamer, Johannes Knorr, Markus Schamberger, Tobias Holzberger.
SG Poppenhausen/Kronungen: Tim Markert – Patrick Hesselbach, Dominik Wolf, Tobias Fenn, Patrick Pfaff, Robin Zemelka, Jan Wolf, Alen Pucurica, Luca Roth, Baris Aktepe, Daniel Greubel. Einwechselspieler: Frank Hofmann, Nicolai Lutz, Markus Ibsch, Dominik Fenn.
Schiedsrichter: Burkhard Böhm
Zuschauer: ca. 60
Gelbe Karten: Eric Köhler, Lukas Wirth (Abtswind II)
Gelb-rote Karte: Eric Köhler (65., Abtswind II, wiederholtes Foulspiel)
Tore: 1:0 Julian Beßler (22.), 2:0 Peter Mrugalla (30.), 2:1 Jan Wolf (47.), 3:1 Julian Beßler (65.), 4:1 Peter Mrugalla (76.), 5:1 Peter Mrugalla (78.), 6:1 Peter Mrugalla (82.), 7:1 Daniel Kaminski (84.), 7:2 Daniel Greubel (87.).

Die Stimmen zum Spiel:

Patrick Gnebner (Trainer TSV Abtswind II): „Sehr schwieriges Spiel für uns. Das Ergebnis trübt ein bisschen. Von der Chancenverteilung her geht das 7:2 absolut in Ordnung. Spielerisch hat Poppenhausen eine sehr ordentliche Grundanlage, gerade wenn sie unsere erste Stürmerreihe überspielen konnten, waren sie im Mittelfeld sehr präsent, technisch ordentlich, konnten spielen, haben es allerdings nie wirklich geschafft, hinter unsere Abwehrkette zu kommen. Wir sind gut reingekommen, mit viel Ballbesitz, nutzen leider zwei, drei Hundertprozentige nicht, gehen aber verdient mit 2:0 in die Pause. Poppenhausen hatte mit Jan Wolf einen wirklich guten am Start, den wir allerdings gut doppeln konnten. Wir kommen selbstbewusst aus der Kabine, lassen einen Diagonalball zu, können nicht klären und Jan Wolf schließt wirklich gut ins lange Eck ab. 2:1, dann setzt dieser Mechanismus ein, man hinterfragt sich, man macht vieles auch nicht mehr so automatisch, wie bisher. Zusätzlich kriegen wir eine absolut berechtigte gelb-rote Karte. In Unterzahl haben wir sehr gut gegen den Ball gespielt, haben gut verschoben, dann im richtigen Moment die Balleroberung im engen Zentrum. Und vorne machen Peter Mrugalla und Julian Beßler die Buden. Ab dem 3:1 hat man beim Gegner erste Verschleißerscheinungen angesehen. Sie haben viel investiert und waren dann einfach platt. Ab dem Zeitpunkt haben beinahe im Minutentakt einen gefährlichen Konter nach dem anderen gefahren. Wieder ein schwieriges Spiel, dass uns Trainern viel Nerven gekostet hat, aber am Ende deutlich entspannter dastehen lässt. Wieder eine neue Situation mit der langen Unterzahlphase gegen einen Gegner, der sehr selbstbewusst aufgetreten ist. Trotz Unterzahl konnten wir uns spielerisch gut behaupten. Wieder etwas gelernt. Drei Spiele, neun Punkte, 13 eigene Tore. Es war unser Ziel, uns von Anfang an oben zu etablieren. Blütenreine Weste, die wir auch so lange wie möglich behalten wollen.“

Elio Trasente (Trainer Poppenhausen/Kronungen): „Wir haben so schlecht nicht angefangen. Vor beiden Gegentoren kommen wir nicht ernsthaft in die Zweikämpfe. Wobei Abtswind die Tore auch gut heraus gespielt hat. Wir wussten, heute geht es gegen eines der spielstärksten Teams der Liga. Zur Pause liegen wir bereits verdient mit 0:2 hinten. Im zweiten Durchgang wollten wir einen schnellen Anschlusstreffer, was auch auch geglückt ist. Danach bekamen wir zwei riesige Dinger. Davon musst du auch mal eins machen. Vielleicht hätte die Partie kippen können, wenn wir unverhofft ausgleichen. Aber vor allem nach dem Abtswinder Platzverweis, da leisten wir uns eine Fehlerflut, das ist ja Wahnsinn. Wir haben Abtswind höflich eingeladen, uns die Bude einzurennen. Man muss das so klar ausdrücken. Beim 3:1 spielen wir auf Abseits, während Peter Mrugalla durch die Abwehrreihe spazieren kann. Gerade in der Phase, in der du eigentlich dran bist am Ausgleich, darf sowas auf keinen Fall passieren. Vor dem 4:1 sind wir in der Vorwärtsbewegung. Unser Verteidiger leistet sich einen unnötigen Stoppfehler, was so auch niemals passieren darf. In einer solchen Situation musst du den Ball stoppen und zurück spielen. Dann passiert nichts. Man hat es am letzten Mittwoch gegen die DJK Schweinfurt und heute leider auch wieder gesehen. Diese Saison wird brutal schwer für meine Mannschaft. Nach den Abgängen wichtiger Spieler wie beispielsweise Yannik Saal geht es für uns nur um den Klassenerhalt. Da braucht man nichts schön reden. Von der Einstellung war es einen Tick besser.“

Peter Mrugalla (Stürmer TSV Abtswind II): „In der ersten Halbzeit haben wir so viele Chancen vergeben. Aber die muss man sich ja auch erst mal heraus arbeiten. An guten Tagen ballern wir einen solchen Gegner vermutlich zweistellig weg. Ohne dass das jetzt arrogant rüber kommen soll, mir kam Poppenhausen hinten total unsortiert vor. Sie haben in den unmöglichsten Situationen auf abseits gespielt, was in der Kreisliga mit nur einem Schiedsrichter ein unnötig hohes Risiko darstellt. Irgendwann kamen einem das Toreschießen zu leicht vor, trotz Unterzahl. Wenn ich an die Chancen von Markus Schamberger denke, der drei Mal allein vor dem Torwart auftaucht, dann abstoppt, das Denken anfängt. Da muss man kalt abschließen. Am Schluss konnten wir vorne machen, was wir wollten. Es hat alles geklappt. Poppenhausen hat heute einfach einen miserablen Tag erwischt. Tut mir leid, wenn das hart klingt, aber heute waren sie einfach kein Gegner für uns.“

Lupenreiner Hattrick: Mit insgesamt 4 Treffern stürmt Peter Mrugalla an die Spitze der Torschützenliste
und benötigt dabei nur ein einziges Spiel