Eine schmeichelhafte Nullnummer beendet die Winterpause

TSV Abtswind – SV Alemannia Haibach 0:0

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Wenn der beste Angriff auf die schlechteste Abwehr trifft, dann wird das eine klare Sache, könnte man meinen. Und trotzdem hat der TSV Abtswind nach 57 Saisontoren Alemannia Haibach mit seinen 40 Gegentreffern nicht einfach weggeballert. Beinahe hätte der abstiegsbedrohte Außenseiter dem Landesliga-Spitzenreiter den Auftakt nach der Winterpause total vermasselt. Die Gäste hatten mehr, ja sogar bessere Möglichkeiten, um nicht nur ein torloses Unentschieden zu holen, sondern drei Zähler mitzunehmen. Statistiken taugen manchmal eben wenig.

Pasqual Verkamp weiß, wie es sich anfühlt, Großchancen gegen Abtswind zu versieben. Haibachs zwanzig Jahre alter Flügelstürmer, der für den SV Darmstadt 98 in der Junioren-Bundesliga spielte, bekam in dieser Saison so viele Tormöglichkeiten gegen den Tabellenführer wie kein Zweiter, ohne sie zu nutzen. Das ging in der Hinrunde vorigen Sommer los, als Verkamp es versäumte, das Spiel endgültig zu entscheiden: Der schnelle Außenspieler vergab die Gelegenheit zum 3:0, indem er den Ball allein vor dem Tor neben den Pfosten schob. Anschließend drehte Abtswind das Spiel und den 0:2-Rückstand und fuhr mit einem 4:2-Erfolg aus der Aschaffenburger Vorstadt nach Hause.

Sieben Monate später kreuzte Verkamp mit seinem Team in Abtswind auf, und von seiner Geschwindigkeit und seinem Umgang mit der Kugel hatte er seitdem nichts eingebüßt. Eine Körpertäuschung, ein Übersteiger – schon hatte er seinen Gegenspieler vernascht. Laufen und tricksen, das kann der Zwanzigjährige. Nur mit dem Toreschießen scheint er noch auf Kriegsfuß zu stehen. Fünf Treffer sind ihm zwar in dieser Saison gelungen, nur eben nicht gegen Abtswind, und das trotz klarster Möglichkeiten. „Er ist noch jung“, sagt sein Trainer Slobodan Komljenovic. „Wenn er ruhiger wird, macht er seine Dinger.“

Das größte Ding wäre es gewesen, wenn Verkamp in der Nachspielzeit getroffen hätte, als er den Abtswindern Michael Herrmann und Lukas Wirth an der Mittellinie enteilte und das Leder wie schon im Hinspiel danebensetzte. Ohne Verkamp wäre bei Haibach in der Offensive nicht viel losgewesen. Bei den anderen Chancen, in denen er freistehend vor dem Tor auftauchte, warf sich ihm Schlussmann Julian Schneider beherzt entgegen und wehrte zweimal hervorragend ab. „Über die Flügel haben wir ein wunderbares Tempo“, stellte Komljenovic erfreut fest. Häufig suchte sich Pasqual Verkamp die Seite aus, auf der er Lukas Wirth begegnete.

Der Abtswinder hatte mit seinen neunzehn Jahren die Bürde, die linke Abwehrseite zu besetzen und damit das Loch zu kitten, das Przemyslaw Szuszkiewicz vor wenigen Wochen durch seinen plötzlichen Abgang in den Fußballruhestand verursacht hatte. Haibachs Außen Stjepan Brkic und Pasqual Verkamp variierten, wie sie wollten, wechselten die Positionen und wirbelten so den Gegner durcheinander. Da half es wenig, dass auch Lukas Wirth und Michael Herrmann die Seiten tauschten, um Schritt halten zu wollen. In seinem dritten Landesligaspiel über neunzig Minuten wusste sich der junge Wirth immerhin zu helfen, im letzten Moment sich eines Textilvergehens schuldig zu machen, um Verkamp in der 88. Minute am Alleingang aufs Tor zu hindern. Die Gelbe Karte nahm er gerne in Kauf.

Wo ist die nächste Anspielstation? Abtswinds Peter Mrugalla verteilt den Ball.

Gegen den Abstiegskandidaten vom Untermain tat sich Abtswind unerwartet schwer. Der von den Kapriolen des Winters zerfurchte Rasen kam dem sonst so spielstarken Team alles andere als gelegen. Das schwere Geläuf half vielmehr den Gästen, die über den Kampf das Spiel annahmen und auf eine massive Verteidigung mit fünf Abwehrspielern setzten. „Mit drei Leuten haben wir das Zentrum dichtgemacht“, verdeutlichte der frühere Frankfurter Bundesligaprofi und serbische Nationalspieler Slobodan Komljenovic. „Und außen konnten wir das Abtswinder Flügelspiel besser und schneller stören.“ Waren die Haibacher in der Hinrunde nach einer Stunde konditionell am Ende, hielten sie diesmal bis zum Schluss mit.

„Anders als im Sommer haben wir jetzt eine gute siebenwöchige Vorbereitung hinter uns“, klärte Komljenovic auf. Die positiven Eindrücke aus der Vorbereitung konnte dagegen Abtswind nicht bestätigen. „Dass wir in den Testspielen gegen gestandene Bayernliga-Mannschaften mitgehalten haben, zählt nicht mehr“, sagte Abtswinds Trainer Petr Skarabela. Der Formschwund wurde besonders an Adrian Dußler deutlich: Der Mittelfeld-Stratege hatte vor der Winterpause zahlreiche Spiele entscheidend beeinflusst und auch in den Freundschaftsspielen durchgehend starke Leistungen abgeliefert.

Diesmal blieb der 22-Jährige unter seinen Möglichkeiten. Selbst seine sonst so gefürchteten Standardsituationen entfalteten keine Wirkungskraft. Erst sein schwach ausgeführter Freistoß vor die Füße des Gegners leitete Pasqual Verkamps Kontermöglichkeit in der Schlussminute ein. Im Spiel nach vorne hielten sich die Hausherren weitgehend unsichtbar. Von den Pässen in die Spitze blieb meist nicht viel übrig. Zu häufig stand ein Angreifer im Abseits. Im ersten Durchgang war es noch am ehesten Linksaußen Philipp Hummel, der mit der ein oder anderen Aktion in Erscheinung trat.

Sonst gab es kaum ein Durchkommen. Als Stürmer Daniel Endres in der 53. Minute mal zum Abschluss kam und den Ball vorbeiwuchtete, war klar, dass viele solcher Chancen nicht mehr kommen würden. Bei zunehmendem Regen musste jeder aus wenig viel machen. Das schaffte weder Abtswind noch Haibach. Die Nullnummer schmerzte den Aufstiegsaspiranten freilich weitaus mehr. Der Start ins neue Jahr war in etwa so verlaufen, wie sich das Spielfeld präsentiert hatte: ziemlich holprig.

Michael Kämmerer

Schwer in Bedrängnis: Der Abtswinder Adrian Dußler (links) hatte gegen Haibach keinen leichten Stand.

Das Spiel in der Statistik

TSV Abtswind: Julian Schneider – Michael Herrmann, Nicolas Wirsching, Mathias Brunsch, Lukas Wirth – Jonas Wirth, Adrian Dußler, Peter Mrugalla (76. Daniel Hämmerlein), Philipp Hummel (61. Frank Hartlehnert) – Pascal Kamolz, Daniel Endres.
SV Alemannia Haibach: Jannik Thummerer – Denis Löhr, Tobias Schrod, Matthias Sänger, Lukas Fröhlich, Mato Papic – Faruk Arslan, Furkan Sandikci, Pasqual Verkamp, Stjepan Brkic – Stanko Pavlovic (76. Pasquale Lauria).
Schiedsrichter: Daniel Reich (Ebern); Assistenten: Simon Winkler (Bamberg), Patrick Zahner (Zapfendorf).
Zuschauer: 130.
Gelbe Karten: Nicolas Wirsching, Jonas Wirth, Daniel Endres, Lukas Wirth (Abtswind); Lukas Fröhlich, Denis Löhr, Matthias Sänger, Mato Papic (Haibach).

Stimmen zum Spiel

Petr Skarabela (Trainer TSV Abtswind): „Wir haben gegen eine überraschend starke Mannschaft gespielt, deren Tabellenplatz nicht der heutigen Leistung entspricht. Ich dachte, wir können trotz des schweren Geläufs unsere spielerischen Fähigkeiten ausspielen. Das ist nicht zur Geltung gekommen. Haibachs drei Offensivleute waren immer anspielbar. Zwei-, dreimal hatten wir richtig Glück. Wenn Adrian Dußler einen schlechten Tag erwischt, haben wir keinen im Mittelfeld, der das kompensiert. Wir waren einfallslos, wir sind nicht durchgekommen. Die Standardsituationen hat Haibach mit den Innenverteidigern und seinem Torwart immer geklärt. Das war heute alles komisch. Für uns als Tabellenführer ist das Ergebnis wie eine Niederlage. Das 0:0 ist enttäuschend, aber wir müssen damit zufrieden sein, weil wir mit der letzten Aktion fast verloren hätten. Nächste Woche müssen wir uns deutlich steigern. Hundert Prozent werden nicht reichen.“

Slobodan Komljenovic (Trainer SV Alemannia Haibach): „Wir haben ein interessantes, sehr intensives, zweikampfstark geführtes Spiel gesehen. Der Platz hat leider nicht viele technische Feinheiten zugelassen. Beiden Teams wäre es sicherlich lieber gewesen, wenn der Ball besser rollt. Wir hatten im Sommer eine ganz schlechte Vorbereitung. Für 2018 haben wir uns einiges vorgenommen. Uns ist es gelungen, die starken Abtswinder Außenspieler aus dem Spiel zu nehmen. Im Gegenzug ist es uns auch gelungen, selbst Nadelstiche zu setzen, nur leider ohne Torerfolg. Das 0:0 geht in Ordnung. Wir konnten mithalten, marschieren und kämpfen, weil wir sieben Wochen Vorbereitung hinter uns haben, was im Sommer nach dem Abstieg und dem großen personellen Umbruch nicht der Fall war. Ich sehe sehr positiv in die Rückrunde und gehe davon aus, dass wir uns schnell aus dem Abstiegskampf verabschieden. Die Mannschaft ist mittlerweile gefestigt.“

Lukas Wirth (Außenverteidiger TSV Abtswind): „Wir haben uns richtig schwergetan. Die Haibacher waren verdammt bissig, während uns nichts eingefallen ist. Der Platz war nicht gut, aber darauf dürfen wir unsere Leistung nicht schieben. Die linke Seite ist für mich ungewohnt und nicht ganz einfach zu spielen, zumal ich kein gelernter Verteidiger bin und rechts mein starker Fuß ist. Ich nehme die Herausforderung an und versuche mein Bestes. Ich kann auch einigermaßen meinen linken Fuß einsetzen. Mit der Schnelligkeit muss ich noch zurechtkommen. Die Haibacher Außenspieler waren sehr variabel und haben für Druck gesorgt. Daher habe ich mich zwischendurch mit Michael Herrmann abgewechselt und bin auf die rechte Seite gegangen. Kurz vor Schluss hatte ich keine andere Möglichkeit, als am Trikot zu ziehen, um meinen schnellen Gegenspieler zu stoppen. Sonst wäre er vorbei gewesen und allein aufs Tor gelaufen. Daher musste ich das taktische Foul ziehen und mir die Gelbe Karte abholen.“

Nicht zu fassen: Statt vom Gegner wird Abtswinds Daniel Endres (links) durch den Abseitspfiff ausgebremst.

Viele Bilder vom Spiel gegen Haibach gibt es in einer Fotoserie.

Die Partie in voller Länge bei sporttotal.tv.

Das Stenogramm zum Spiel im Liveticker.

Abtswinds Jonas Wirth im Video-Interview.

Wahl zur Elf der Woche beim Fußballportal Fupa: Für Abtswind abstimmen.